Episode 002


Titel: Erster Schultag
Autor: Luchia

Erstellt am: 05.12.2009 Überarbeitet am: 27.07.2015

 

Sie erwachte aus ihrem unruhigen Schlaf und sie wusste, dass auch heute ein Tag wie kein anderer sein würde. Draußen war es noch dunkel, weißer Schnee erhellte die trostlose Straße durch seinen Glanz. Mit einem Ruck riss sie die Decke von ihrem zarten Körper und setzte sich auf. Da hörte sie schon die grelle Stimme ihrer Mutter, die zu ihr hoch schrie: "Lu, bist du schon auf?" Diese Frau die da zu ihr rief, schimpfte sich immerzu nur ihre vom Stress überhäufte Mutter. Sie behauptete immer, dass sie das alles ohne ihre älteste Tochter gar nicht schaffen könnte. Lunita sah das allerdings ganz anders. Ihre kleine Schwester Melanie war zwar erst vier Jahre alt, allerdings ein Kind der ruhigen Sorte. Arbeitsmäßig lief es bei ihrer Mutter auch bestens, sie war immerhin Anwältin und das einzige das ihr fehlte war ein halbwegs guter Mann. Aber von den schrecklicheren Exemplaren der Männer schleppte sie massenweise an. Da gab es dann so was wie Betrogener Ehemann Erich, Steuerhinterzieher Markus, Anwaltsgehilfe George bis hin zum Richter Karl. "Lu Liebes, könntest du Melly das Frühstück zubereiten?" Ihre Mutter riss wie üblich einfach die Zimmertür auf und noch bevor Lunita sie raus schicken konnte, hatte sie bereits mit ihrer Zucker süßesten Stimme ihre Bitte gestellt. "Man Mum, kannst du nicht mal anklopfen?" Ihre Mutter schüttelte den Kopf "Liebes bitte tu worum ich dich gebeten habe!" Lunita gab sich alle Mühe ihr genervtes Auftreten auch ihrer Mutter vorzuführen. Aber diese hatte bereits kehrt gemacht um sich für ihren neuen Freund Steve zurechtzumachen. Lunita war der Meinung, dass das überhaupt nicht nötig war, denn sie war fest davon überzeugt, dass Steve auch nur wieder als Einer von Vielen enden würde. Sie seufzte als sie sich noch mal zurück in ihr Bett fallen lies. Heute war der 12. Dezember und somit ihr 16. Geburtstag, aber an solche Dinge dachte ihre Mutter nicht mehr. Genervt erhob sie sich und ging aus ihrem Zimmer, sachte schloss sie die Tür, dabei sah sie ihre Mutter auf sich zukommen, aber ohne ihr auch nur einen Blick zu würdigen, trat Lunita an ihr vorbei und ging nach unten. Dort hampelte ihre kleine Schwester bereits ungeduldig auf ihrem Stuhl herum. "Du?" Lunita schaute in Melanies Gesicht und sah, dass die Kleine sie mit ihren Kulleraugen musterte. "hm?" erwiderte sie. "Wieso macht Mami nie das Frühstück?" Lunita seufzte, am liebsten hätte sie ihr so etwas gesagt wie "Deine Mami vögelt lieber mit irgendwelchen Typen, die sie danach nie mehr wieder sehen wird." Aber das vor ihr war noch ein kleines Kind, ihre kleine Schwester Melanie. Sie hätte mit dem Wort Vögeln nichts anfangen können außerdem wollte Lunita ihr nicht das Gefühl vermitteln ihre Mutter sei nicht für sie da, vor allem weil es schwierig genug war, ohne Vater aufzuwachsen. "Ach Süße, Mum hat momentan wegen der Arbeit viel zu tun, und deswegen..." Lunita griff nach der Cornflakes Packung im Schrank und versuchte so gut es nur ging zu lächeln, insgeheim schluckte sie ihre Tränen hinunter. "... mach ich dir das Frühstück!" Nachdem Sie Melanie das Frühstück hingestellt hatte verkroch sie sich in ihrem Zimmer. Sie bekam morgens keinen Bissen hinunter. Nun stand sie lange vor ihrem Kleiderschrank und wählte schließlich ein Schwarzes Kleid durch dessen Schlitz man ihr Nacktes Bein sehen konnte. Anschließend überlegte sie ob sie Seidenstrumpfhosen tragen sollte oder eher nicht, da ihr dann durch einen Blick auf ihren Stundenplan einfiel, dass sie heute Sport hatten, entschied sie sich das Kleid ohne diese lästigen Seidenstrumpfhosen zu tragen. Sie kramte ihre schwarzen Stiefel unten aus ihrem Schrank und schlüpfte hinein. Anschließend setzte sie sich an ihren Schminktisch und kämmte ihr langes schwarzes Haar in das sie eine kleine violette Spange einsteckte. Sie blickte lange durch den Spiegel in ihre grünen Augen, bis sie sich schließlich anfing zu schminken. Erst dann bemerkte sie dass es längst Zeit war zu gehen. Lunita griff nach ihrem langen dicken Wintermantel, zog einen violetten Schal an und ging nach unten. Dort drückte sie ihrer Schwester zum abschied einen Kuss auf die Stirn und ging zur Tür. "Ach kleines könntest du nach der Schule noch fürs Abendessen einkaufen?" Sie konnte es kaum glauben, zuerst schluckte sie schwer. Sie überlegte einen Moment lang, ob sie ihre Mutter vielleicht darauf hinweisen sollte, dass heute ihr Geburtstag war, aber diesen Gedanken verdrängte sie schnell wieder. Sie nickte ihrer Mutter stumm zu und ging nach draußen, dort atmete sie erst mal laut auf. Die eigene Mutter vergisst das dritte Jahr hintereinander ihren Geburtstag, noch bevor ihr die Tränen in die Augen schießen konnten, schüttelte sie den Kopf. Immerhin hatte ihre Mutter den Geburtstag von Melanie noch nie vergessen. Als sie so allein durch die dunklen Straßen ging überkam sie das Gefühl, doch nicht so allein zu sein und je mehr sie sich da hinein steigerte, desto sicherer war sie, dass jemand sie beobachten musste. Völlig irritiert und auch etwas ängstlich blickte sie immer wieder in alle Ecken und Richtungen, sie tat es ganz vorsichtig, sie wollte nicht, dass ihr fremder Beobachter sie dabei ertappte Angst zu haben. Erst nach dem tuten eines Autos schreckte sie aus ihrem kurzen Angstzustand hoch und bemerkte, dass sie mitten auf der Straße stand, schnell beschleunigte sie ihren Gang und eilte zum Schultor. Kaum war sie durch das Tor gegangen, begrüßte sie ihre beste Freundin Mira mit einem heftigen Sprung in ihre Arme. "Alles Gute zum Geburtstag Süße!" Mira strahlte, aber Lunita entzog sich hastig ihrer Umarmung und ihr viel zu ruhiges und zurückhaltendes Danke ließ Miras Alarmglocken anspringen. "Hm... bist du heute nicht gut drauf?" Mira`s besorgtes Gesicht war deutlich zu erkennen. Lunita hatte nicht vor ihre Trauer so offensichtlich darzustellen, sie blickte unter sich und erklärte schnell die Lage zu Hause. "Oh Süße... Das tut mir wirklich so leid!" Durch ihre blauen Augen konnte Lunita sehen wie ernst es ihr war und Mira`s Mitleid war wirklich bemerkenswert! Dann schleuderte sie ihr langes braunes Haar nach hinten und grinste "Ich weiss was dich bestimmt wieder aufmuntern wird" sagte sie und Lunita wusste schon bevor sie zuende erzählte, dass es sicherlich nicht das war, was sie sich wirklich wünschte. Sie blieb erst mal ruhig und ließ Mira zuende sprechen, denn die konnte es offensichtlich kaum erwarten mit ihrer Überraschung herauszuplatzen. "Wir haben uns für Samstag was ganz tolles überlegt..." Sie strahlte "Und zwar geben wir dir zu ehren eine Hausparty bei Jonas!" Na toll! Lunita wendete sich mit einem betroffenen Blick ab, denn das war nun wirklich das allerletzte was sie gebrauchen konnte. Sie blickte über den von grauen Wolken bedeckte Himmel und seufzte. Jonas war nicht irgendein Typ auf dieser Gott verdammten Schule. Nein! Dieser Jonas Henry war der Schwarm aller Mädchen, er war blond, hatte strahlend blaue Augen und ein makelloses Gesicht. Jonas war sportlich - durchtrainiert, eigentlich sah er sogar gar nicht schlecht aus, aber er war verliebt in Lunita und das bereits ganze vier Jahre. Jedenfalls behauptete er das und ein anderes Mädchen kam für ihn auch gar nicht in Frage. Allerdings hatte Lunita sich nie auf einen Jungen eingelassen und verspürte dafür auch kein Interesse. Manchmal fragte sie sich, ob daran vielleicht ihre Mutter Schuld sei und sie durch das Zahlreiche kennen lernen von Männern mit den unterschiedlichsten Verhältnissen, eine Abneigung gegen das männliche Geschlecht entwickelt hätte. Noch ehe sie weiter darüber nachdenken konnte, sprach Mira schon wieder weiter. "Ach Süße, dir passt es nicht, dass es bei Jonas ist? Wieso gibst du ihm nicht mal eine Chance? Er liebt dich wirklich!" Miras Wunsch war es schon immer ihre beste Freundin in den Armen eines Jungen zu sehen und da kamen ihr die Gefühle von Jonas gerade recht. "Mira! Er ist nicht mein Typ das weißt du doch!" Und noch bevor sie diesen Satz beendete wusste sie, dass Mira es nicht wusste. "Aber was ist dann dein Typ?" ehrlich interessiert schaute Mira sie an. Das war allerdings eine Gute Frage. Lunita wusste darauf keine Antwort, einen Moment lang dachte sie schweigend nach. Sie war das einzige Mädchen der Schule das keinen Schwarm hatte, mit 16 noch nicht einmal mit einem Jungen Händchen gehalten hatte. Manche tuschelten sogar darüber, dass sie womöglich lesbisch sei. Aber solch unnötige Gerüchte waren ihr immer schon egal gewesen. Sie grinste "Den muss ich erst noch finden!" Als die Schulglocke ertönte konnte Mira nicht mehr antworten, beide waren viel zu beschäftigt, schnellstmöglich durch das Gedrängel zu kommen, denn in der ersten Stunde hatten sie Englisch und Mrs. Fanning mochte es gar nicht wenn man zu spät kommt. Einmal musste eine Schülerin die fünf Minuten zu spät war, weil sie überraschend ihre Periode bekam, die ganze Stunde lang vor der Klasse ein Referat über die Englische Sprache halten. Die Arme war so fertig gewesen. Die Englischstunde mit Mrs. Fanning schritt nur langsam und drückend voran. Die Schüler mussten einen Aufsatz darüber schreiben was sie später mal werden wollten und das war genau so ein Thema über das Lunita sich normalerweise keine Gedanken machen wollte. Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass ihre Zukunft ihr nichts Gutes bringen würde. Erklären wieso das so war konnte sie allerdings nicht. Schließlich war die Stunde zu Ende und auf Lunitas Blatt stand nichts als ihr Namen, den Aufsatz zu beenden gehörte zu der heutigen Hausaufgabe und das hatte ihr gerade noch gefehlt. Gemeinsam mit Mira schlenderte sie zum Eingang der Turnhalle. Als die Schülerinnen gemeinsam in der Umkleidekabine waren und Lunita sämtlichen Blicken ausgesetzt war, fragte sie sich, warum sie ausgerechnet so ein Kleid für die Schule gewählt hatte. Vermutlich deshalb weil für sie heute kein Freudentag war und ihre Enttäuschung und Trauer in einem schwarzen Kleid wohl am besten zur Geltung kamen. Sie zog sich rasch um und folgte den anderen Mädchen in die Turnhalle. Da überkam sie schon das erste Grauen, der Vorhang der normalerweise die Turnhalle zu zwei Seiten, Eine Für Jungen - Eine Für Mädchen, trennte, war geöffnet und die Jungs saßen grinsend auf den Bänken verteilt. Mr. Jacob stand mitten in der Halle und verkündete, dass die Sportlehrerin der Mädchen krank sei und aus diesem Grund der Sportunterricht heute gemeinsam abgehalten werden würde. Die Mädchen setzten sich auf die freien Bänke, während sie den forschenden und grinsenden Blicken der Jungs ausgesetzt waren. Auch Jonas war da und natürlich durchbohrten seine Blicke Lunita. Na toll! Lunita trug nur kurze Hotpants und ein enges Top, ihre tolle Figur kam darin super zur Geltung. Einen Sport BH einzupacken hatte sie in der Eile am Morgen vergessen und so war sie nun gar nicht mehr glücklich über die zwei Sportstunden, die ihr eigentlich immer besonders viel Spaß machten. Jonas stand unauffällig auf und nahm neben Lunita platz. "Toll siehst du aus!" er lächelte "übrigens - Alles Gute zum Geburtstag!" Lunita stieg ganz plötzlich die Röte ins Gesicht, sie schämte sich und fragte sich zu gleich, wieso sie ständig solche aufreizenden Klamotten wählte. Es sollte heute echt nicht ihr Glückstag sein, denn der Lehrer wählte Basketball als gemeinsames Spiel. Lunita versucht sich so wenig wie möglich zu bewegen und dadurch, das hüpfen ihrer Brüste zu vermeiden, aber ganz verhindern lies sich das nicht und dass der ein oder andere Junge sie begaffte und auch Jonas hin und wieder wie gebannt von ihr zu sein schien, beschämte sie noch mehr. Die restlichen Stunden vergingen wie im Flug und schon standen sie wieder vor dem Schultor. "Du Lunita hast du nicht noch Lust mit uns ein bisschen Shoppen zu gehen?" erwartungsvoll blickte Mira sie zusammen mit Jonas und ein paar anderen an. Lunita hätte nur zu gern zugesagt, ein Shoppingstag mit ihren Freunden lies sie sich normalerweise nicht entgehen, aber die Bedürfnisse ihrer Mutter drängten sie dazu einen anderen Weg einzuschlagen. "Tut mir leid ich muss Melly vom Kindergarten abholen und anschließend fürs Abendessen einkaufen" Mit traurigem blick küsste sie Mira auf die Wange und verabschiedete sich von den anderen mit einem kurzen Winken.

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