Episode 013
Titel: Familiengeschichte
Autor: LuchiaErstellt am: 13.08.2015
L
unita erwachte am nächsten Tag durch das grelle Licht und die kühle Luft, die
durch das offene Fenster herein drangen. Für gewöhnlich war es morgens noch sehr
dunkel, ihr wurde klar, dass es schon Vormittag sein musste. Sie fand sich in
einem kleinen Bett an der Wand wieder und wusste nicht wo sie war. Klar und
deutlich erinnerte sie sich an den vergangenen Abend und verstand nun, dass sie
in Johns Zimmer sein musste. Sie erkundete den kleinen Raum genau. Ihre Blicke
wanderten vom Kamin, in welchem nur noch etwas Glut übrig war, zu dem kleinen
Tisch und dann zu der Pinnwand. Neugierig stieg sie aus dem Bett. Sie erstarrte
bei den ganzen Fotos. Viele davon waren von ihrer Großmutter, einige andere
sahen ihr ähnlich, aber sie wusste, dass sie diese Menschen nicht kannte. Da war
auch ein Foto von ihrer Mutter und Melanie, entsetzt schreckte sie zurück. Als
sie dann weiter die Fotos der Pinnwand musterte blieb ihr Blick an einem großen
Foto hängen. Sie sah sich dieses Foto ganz lange an. Es war ihre Großmutter zu
sehen, an Seite eines jungen Mannes - Der Mann aus der Vergangenheit, die sie
gesehen hatte. Beide hielten jeweils ein Neugeborenes auf dem Arm und lächelten
in die Kamera. Erst jetzt bemerkte sie, dass der Mann genauso aussah wie John.
Sie hatte zuvor gar nicht darauf geachtet, war viel zu sehr von all den neuen
Geschehnissen abgelenkt. Sie trat langsam zurück und wäre dabei fast an den
Stuhl gestoßen. Dann sah sie zu dem Fenster, auf dem John saß und schlief. Hatte
er die ganze Nacht so da gesessen? Es kam ihr vor als hätte er die ganze Nacht
über sie gewacht und dieser Gedanke gefiel ihr, für einen kurzen Augenblick
musste sie grinsen. Dann blickte sie über ihn nach draußen Und bemerkte, dass
sie noch immer auf dem Friedhof Gelände waren, allerdings ganz weit hinten. Sie
dachte nach, aber sie konnte sich nicht erinnern hier je ein Haus gesehen zu
haben, nein sie war sich sogar ganz sicher, dass es hier nie ein Haus gegeben
hatte. Lunita drehte sich von ihm weg und eilte zur Tür, ganz leise öffnete sie
diese, sie wollte John nicht aufwecken, noch nicht! Sie schreckte zurück, hinter
der Tür befand sich, nicht wie erwartet ein weiteres Zimmer, nein, das hier war
der Ausgang. Das würde bedeuten, dass John nur in diesem kleinen Raum hier
wohnen würde. Es gab nirgendwo einen Schrank oder eine Küche. Kein Wasser, wo
würde er sich wohl waschen? Wusch er sich überhaupt? Entsetzt schüttelte sie
diesen Gedanken ab und ging auf ihn zu. Sie griff ganz langsam an seine
Schulter, er schien gerade zu Träumen, einen Moment lang fragte sie sich wovon
so ein Mann wohl träumen würde. Dann beschloss sie, ihn aus seinem Schlaf zu
holen. "John, wachen sie auf!" Er zuckte unter ihren Worten erschrocken
zusammen. "Ach ja, Du hast ja hier geschlafen!" "Hatten sie das etwa vergessen?"
Er rieb sich langsam den Schlaf aus den Augen, hüpfte von dem Brett und streckte
sich erst mal aus. Dann schloss er das Fenster und schaute auf den Kamin, dessen
Flammen alle erloschen waren. "Ist dir kalt?" Sie schüttelte den Kopf und trat
ein Schritt zur Seite um ihn durch zu lassen. Er ging zum Tisch und rückte sich
ein Stuhl zurecht auf dem er sich dann nieder lies, vor sich lies er ein Glas
Wasser erscheinen. "Sie trinken kein Wein?" irritiert sah sie zu ihm hinunter.
Er lachte "Nun zum Frühstück bevorzuge ich Wasser!" Sie setzte sich ihm
gegenüber, die Pinnwand in ihrem Blickfeld "Kann ich sie etwas fragen?" Er
drehte sich zu den Fotos um, als wüsste er ganz genau was Lunita ihn gleich
fragen würde. "Nur zu!" "Sagen sie, sind sie das auf dem Foto?" sie schien sich
einen Moment lang ihre Worte zu Recht zu legen, bevor sie weiter sprach "Kommen
sie aus der Vergangenheit? Ich meine liebten sie meine Großmutter?" Lächelnd
schüttelte er den Kopf "Der junge Mann, den du da an der Seite deiner Großmutter
siehst, war mein Großvater! Ich bin genau wie du nach meinem Vorahnen benannt."
Sie erschrak angesichts dessen, was er ihr da gerade gesagt hatte. Sie schaute
auf das Bild mit den beiden Neugeborenen. "Sind wir dann verwandt?" "Ja und
Nein." "Das heisst?" "Unsere Großeltern haben zwei Kinder gezeugt, nicht üblich
für einen Spirit Hunter! Eigentlich ist es vorgesehen, dass jeder Spirit Hunter
nur einen weiblichen Nachkommen gebärt." Lunita versank seufzend in ihrem Stuhl
und bat ihn dann weiter zu erzählen. "Die beiden Kinder, Jerome Wisker und
Elisabeth Canvine wurden getrennt voneinander großgezogen, keiner von beiden hat
je von dem anderen erfahren. Während bei dir alle Frauen jeweils ein Mädchen
geboren und alleine unter dem Namen Canvine großgezogen hatten, war bei mir das
sehr unterschiedlich. Mein Ur Ur Großvater Jerome zeugte mit Leandra Damien das
erste Mädchen, Chiara Wisker. Diese wiederum brachte meinen Großvater Ashton zur
Welt und der heiratete Vanessa Strong, zusammen bekamen sie meinen Vater Jason,
welcher dann Elena heiratete und zusammen mit ihr mich bekam" Er lächelte "Ganz
einfach, nicht?" Lunita schwirrte der Kopf von so vielen Namen, aber es gab zwei
Dinge die sie sich sehr gut behalten hatte. "Also haben wir nur die gleichen Ur
Ur Ur Großeltern? Und außerdem hat meine Mutter zwei Mädchen bekommen, mich und
meine kleine Schwester Melly!" Er schwieg einen Moment lang, als wolle er
überlegen, was er als nächstes sagen wollte, dann fing er auch schon an weiter
zu erzählen. "Meistens ergab es sich so, dass die Canvine Frauen später ihren
Ausbilder als Partner wählten, diese wussten somit auch, worauf sie sich
einließen, wenn sie ein Kind zeugten!" Er nahm einen großzügigen Schluck Wasser
aus seinem Glas. "So auch dein Vater. Nach deiner Geburt wurde es ihm doch zu
viel und er verließ deine Mutter. Sie ist wohl nie wirklich darüber
hinweggekommen, irgendwann versuchte sie sich an etwas neues zu ketten, wollte
es wohl noch einmal versuchen und wurde mit deiner Schwester schwanger, als der
Mann von der Schwangerschaft erfuhr, verließ auch er sie, ein ewiger Kreislauf,
immer allein. Beurteile deine Mutter nicht zu stark, wenn sie das nächste Mal
einen Mann mit nach Hause bringt!" Lunita saß vor ihm wie erstarrt, erst jetzt
fing sie an alles Schritt für Schritt zu begreifen. "Aber Mum hat immer gesagt
es war ein Autounfall!" "Ein Autounfall?!" Er sah sie überrascht an "Kleine
glaub mir, Mason Claring starb ganz sicher nicht bei einem Autounfall! Er lebt
schon viele Jahre alleine, hin und wieder arbeitet er für die S.H. Companion!"
"Mason..." Sie formte den Namen ihres Vaters auf ihren Lippen noch währenddessen
knurrte ihr Magen. Sie versuchte sich die Peinlichkeit vergebens zu unterdrücken
und senkte ihr errötetes Gesicht. "Oh! Wann hast du zuletzt etwas gegessen?"
"Ähm..." Sie dachte einen nach "Vorgestern, ein paar Gabeln Spagetti..." "Oh man
Schnuckelchen du musst besser auf dich aufpassen, deshalb ist auch dein Körper
so schwach, wie soll er denn ohne Nahrung die Wandlung überstehen?!" Die
Wandlung?
Gerade als sie fragen wollte, forderte er sie auf, ihn zu einem Frühstück zu
begleiten, sie würden dort alles Weitere besprechen. Er ließ wie aus dem Nichts
eine dicke Jacke erscheinen, die er ihr reichte. "Aber das ist doch eine
Männerjacke, die ist mir viel zu groß!" Er grinste "Nun meine Zauber reichen
nur für Dinge die für mich bestimmt sind, man muss eben nehmen was man kriegen
kann!" Er öffnete ihr die Tür und lies sie zuerst nach draußen. Gemeinsam
gingen beide schweigend nebeneinander her. Der Friedhof sah in dem Licht der
Sonne gar nicht so Gespenstisch aus, wie am Abend zuvor. Der weiße Schnee
glitzerte durch die Sonnenstrahlen, es war ein schöner Wintertag. Als beide den
Friedhof verließen, kamen sie an dieser hässlichen Seitenstraße vorbei, in der
sich die Kneipe befand. Lunita drückte sich näher an John und lies so ihre
Angst nicht unbemerkt. "Mit mir an deiner Seite brauchst du keine Angst zu
haben, neulich hab ich hier ein paar Schlägern gezeigt wo der Hammer hängt!"
glücklich bei dem Gedanken daran schlenderte er neben Lunita her, welche ihn
daraufhin genau musterte. Als sie die Straße verließen, kam das unvermeidliche,
sie trafen auf Jonas und Mira, welche sich gerade auf dem Nachhauseweg
befanden. Oh Shit! Noch bevor Lunita etwas sagen konnte, schrie Jonas sie auch
schon an.