Episode 022


Titel: Mutter und Tochter
Autor: Luchia

Erstellt am: 12.03.2016

 

D a vernahm sie plötzlich eine ganz vertraute Stimme "Nun, fliegt ein Spirit durch einen Menschen hindurch, so schwächt er den Körper leicht, sind es aber mehrere, schwächen sie den Körper sehr stark, das kann bis zur Bewusstlosigkeit für ein paar Stunden oder mehrere Tage führen, aber auch zum Tod!" Lunita sah erschrocken zum Türrahmen. "Mum?" Sie war total verwirrt, ihre Mutter hier so plötzlich zu sehen. Damit hatte sie nicht gerechnet. "Hilf mir ihn aufs Bett zu legen!" Brachte sie schließlich heraus, aber ihre Mutter bewegte sich nicht. Sie stand ganz steif an der Tür und schüttelte den Kopf "Der Krankenwagen ist bereits unterwegs." "Aber woher?..." Nun war es Lunita die den Kopf schüttelte und ihre Mutter wütend anschrie "Was willst du denen den erzählen? Hä meinst du nicht sie halten uns für verrückt? Die werden uns doch niemals glauben..." Aber da hörte Lunita schon die Sirenen des Krankenwagens. Es ging alles so schnell, noch bevor die Männer mit der Trage angekommen waren, hatte ihre Mutter es geschafft, sämtliche Kerzen, Kreuze und die Schüssel mit dem Weihwasser verschwinden zu lassen, stattdessen stand nun der Tisch und die dazugehörigen Stühle in der Mitte des Raumes. Irritiert sah sie ihre Mutter an, aber dann kamen schon die Männer hereingestürmt. Sie rissen John aus ihren Armen und legten ihn auf die Trage, um dann wieder mit ihm zu verschwinden. Einer der Männer kam mit Zettel und Stift auf die beiden zu, es war ganz klar, dass dieser nun Fragen stellen würde. Cathreen ging auf diesen zu um zu verhindern, dass er im Raum auch mit ihrer Tochter sprechen würde, dann begannen sie sich zu unterhalten. Lunita konnte nicht hören, worüber sie sprachen. Sie stand auf und ging ganz langsam zu dem kleinen Bett, um sich dort niederzulassen. Dann hielt sie ihre Hände vor ihr Gesicht und begann zu weinen. Sie konnte die Tränen nicht zurückhalten, machte sich zu große Vorwürfe. "John..." schluchzend flüsterte sie seinen Namen. Lunita konnte hören wie sich die Türen des Krankenwagens schlossen um kurz darauf, in der Nacht zu verschwinden. Dann hörte sie die Schritte im Schnee, ihre Mutter ging langsam, bis sie schließlich wieder in der kleinen Hütte stand. Cathreen kam auf ihre Tochter zu und legte die Hand auf deren Schulter. "Komm mit, draußen steht mein Wagen!" Nach diesen knappen Worten verließ die Mutter wieder die Hütte und den Friedhof. Lunita folgte nur langsam. Am Wagen angekommen, stieg sie schließlich ein. "Schnall dich an!" Lunita gehorchte. Dann fuhr ihre Mutter los und beide schwiegen die gesamte Fahrt. Die Mutter hielt vor ihrem Haus und Lunita stieg so langsam aus wie sie es nur konnte. Sie folgte schweigend ihrer Mutter zur Tür. Drinnen war alles ruhig und dunkel. Die Mutter lief zum Esstisch und zündete die zwei Weißen Kerzen an. "Ist Melly nicht hier?" Cathreen schüttelte den Kopf und gab zur Antwort, dass Melanie bei Justin übernachten würde. Dann befahl sie Lunita sich zu setzten, sie selbst nahm auf dem Stuhl gegenüber Platz. "Mum?..." Ihre Mutter begann zu erzählen "Ich wusste, dass irgendwann der Tag kommen würde, an dem du 16 wirst und dir all das bevorsteht, was ich bereits hinter mir habe, ich wollte nicht wahrhaben, dass es so schnell gehen würde..." Lunita erkannte zum ersten Mal eine Art ihrer Mutter die sie nie zuvor gesehen hatte. Sie schien so ernst, aber auch irgendwie traurig und zerbrechlich. "Mum ich weiß was ich bin und auch was du warst, John hat mir alles erzählt!" "Was?! Du wusstest, dass auch ich ein Spirithunter war und hast nicht mit mir darüber geredet?" Die Stimme ihrer Mutter wurde lauter und ernster. "Ich fand es nicht für passend... Aber sag du mir lieber mal, wieso du mich all die Jahre belogen hast? Kannst du dir nicht vorstellen wie schrecklich es war, immer zu glauben mein Vater ist tot? Weißt du eigentlich wie oft ich mir vorgestellt habe, wie er wohl gewesen ist, ob er mich gemocht hätte? Ich wusste nichts von ihm, kein Name, kein Friedhof wo er begraben gewesen wäre, nicht mal ein Foto hast du mir gegeben!" Lunitas Stimme war weinerlich aber ihr Ton war anklagend. Ihre Mutter hielt sich erschrocken die Hand vor den Mund "Was fällt dem eigentlich ein, mit dir über so Private Dinge zu sprechen?!" Lunita schlug mit der Hand laut auf den Tisch "Hör auf John die Schuld dafür zu geben! Wieso... wieso hast du nie etwas gesagt?" "Hör mir doch bitte zu, ich war gerade 16 geworden, wie du jetzt, als ich deinen Vater kennen lernte. Sein Name war Mason Claring. Ich war hin und weg von ihm, hab alles getan worum er mich gebeten hatte. Irgendwann begann er meine Liebe zu erwidern, wir haben mehrere Jahre Seite an Seite die Spirits verbannt. Dann wurde ich schwanger. Als ihr... ich mein natürlich du... dann zur Welt kamst, verließ er uns. Er blieb nicht einmal eine Woche, nachdem wir zu Hause waren." Cathreen hielt die Hände vor das Gesicht um ihre Tränen zu verbergen. "Aber Mum... wieso hat er uns verlassen? Hast du nie versucht Kontakt zu ihm aufzubauen?" Ihre Mutter schaute sie ernst an, eine Weile schien es, als würde sie erst überlegen müssen, dann schüttelte sie den Kopf. "Er wollte mit ihr Weg gehen, er meinte es sei so besser für alle und ich solle nicht auf ihn warten, er würde nie wieder zurückkehren!" "Moment Mal, was meinst du mit ihr ? Mit wem ging er weg?" Ihre Mutter hielt sich erschrocken die Hand vor den Mund, als hätte sie etwas gesagt, dass sie besser nicht sagen sollte. Sie sah ihre irritierte Tochter an und schüttelte erneut den Kopf "Ich weiß es nicht..." "Ach komm Mum, hör auf mich zu verarschen, du weißt es ganz genau, raus mit der Sprache!" "Es reicht jetzt Lunita! Geh in dein Zimmer und ruh dich aus, wir reden ein anderes Mal weiter!" Cathreen stand auf und pustete die Kerzen aus. Nun war es ganz dunkel, Lunita stand ebenfalls auf. Während sie sich auf den Weg zum Flur mit den Stufen die nach oben führen würden machte, schrie sie ihrer Mutter, die verschiedensten Vorwürfe hinterher. Sie sagte ihr, dass sie schon immer so gewesen war und sich von allem ernsten drücken würde. Zornig schloss sie ihre Zimmertür, lies sich in ihr Bett fallen und weinte sich in den Schlaf. Als sie am frühen Vormittag erwachte, hörte sie unten ihre Schwester laut lachen. Langsam öffnete sie die Tür und ging nach unten. Zu ihrer Verwunderung, sah sie ihre Mutter, zusammen mit Justin und Melanie den Weihnachtsbaum schmücken. Da erinnerte sie sich daran, es war ja mittlerweile der 16. Dezember, das Weihnachtsfest rückte immer näher. "Lu!" Melanie strahlte über das ganze Gesicht während sie auf Lunita zu gerannt kam. Dann sprang die Kleine ihr in die Arme "Hilfst du uns beim schmücken?" Lunita sah über Melanie hinweg direkt zu ihrer Mutter. Sie stand da als sei nichts gewesen. Justin hielt einen Mistelzweig über die beiden und kurz darauf küssten sie sich. Angewidert schüttelte sie den Kopf "Geht leider nicht, ich muss gleich noch mal weg!" Sie lies die enttäuschte Melanie zurück und ging wieder nach oben. Nach einer langen heißen Dusche band sie sich ein Handtuch um und ging zurück in ihr Zimmer. Dort schlüpfte sie in ein Violettes Kleid und machte sich zurecht. Anschließend griff sie nach ihrem Mantel und ging wieder nach Unten. Als sie gerade die Tür öffnen wollte, hielt ihre Mutter sie an der Schulter zurück "Wo willst du hin?" Lunita drehte sich zu ihr um, überprüfte ob auch keiner von den anderen Zwei Zeuge dieser Worte wurde. "Na wohin wohl!" Cathreen schüttelte den Kopf "Kommt nicht in Frage!" "Aber..." sie unterbrach ihre Tochter "Dieser John ist nicht gut für dich, ich kann dir alles genauso gut beibringen wie er, abgesehen davon, wird er vermutlich sowieso daran sterben!" Lunita schubste ihre Mutter von sich "Wie kannst du es wagen, so etwas zu sagen?" "Weil es Wahr ist, geh in dein Zimmer, dort bleibst du bis ich dich heute Abend zu dieser Party fahren werde! Und bevor du weiter fragst, ich habe mit Mira gesprochen, ich weiß, dass du kein einziges Mal bei ihr warst um zu lernen!" Noch bevor Lunita antworten konnte sah sie Justin und Melanie im Türrahmen "Na schön!" schrie sie genervt und ging wieder nach oben und knallte ihre Tür laut zu. Sie schrie voller Zorn, während sie in ihrem Zimmer auf und ab ging. Dann griff sie nach ihrem Tagebuch und warf es auf den Schminktisch zu. Bei ihrem Glück traf es natürlich genau den Spiegel, welcher in tausend Scherben zerfiel. Na toll, das bringt natürlich Glück! Dachte sie ironisch und bückte sich um die Scherben aufzuheben. Da sah sie plötzlich die Gestalt eines Mädchens in einem dünnen Kleid aus Seide. Sie war barfuß und starrte Lunita mit einem reinen und unschuldigen Blick an, dann formten ihre Lippen ein Wort - Geh ! "Was? Ich soll gehen? Wohin?" Wie gebannt war sie von diesem Mädchen. Das Mädchen hob die Hand, zeigte nach Rechts und Lunitas Blick fiel ganz automatisch nach Rechts. Zum Fenster. Als sie wieder in die Scherben sah, war die Gestalt verschwunden. Seltsam... dachte sie, aber sah darin gleichzeitig auch ihre einzige Möglichkeit ihrer grausamen Mutter zu entkommen.

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