Episode 009


Titel: Das Wiedersehen
Autor: Luchia

Erstellt am: 04.08.2015

 

A ls er den Raum verlassen hatte, fühlte sie sich auf einmal ganz mies, sie lies sich zurück ins Kissen fallen. Was hatte sie da nur getan? Nach einer Weile kam Jonas zusammen mit der Krankenschwester zurück, diese meinte es sei wohl das Beste wenn sie nach Hause ginge, um sich dort auszuruhen. Jonas sollte sie begleiten. Schweigend gingen sie zurück zum Klassenzimmer, um beide Schultaschen und ihre Jacken zu holen. Ihre Schritte wurden langsamer je näher sie kamen und er wusste dass sie auf keinen Fall jetzt in diesen Raum wollte, also bot er ihr an, ihre Sachen mit raus zubringen. Erleichtert nickte sie. Jonas ging schnell rein, das Getuschel fing bereits an und als er dem Lehrer erklärte, dass er seine und Lunitas Sachen holen wolle, um sie anschließend nach Hause zu bringen, wurde das Gerede lauter. Er kümmerte sich nicht darum, eilig griff er nach ihrem Wintermantel, stopfte ihre Mathematiksachen, die noch immer auf dem Tisch lagen, in ihre Tasche und holte dann seine eigenen. Gemeinsam machten die beiden sich auf den Weg, keiner sagte auch nur ein Wort. An der Kreuzung, sagte sie ihm, dass sie von hier aus gut alleine klar kommen Würde. Er wusste die Situation nicht richtig einzuschätzen, also umarmte er sie und als sie sich dagegen nicht wehrte, versuchte er sie zu küssen. Da schubste sie ihn hastig weg. Schnell entschuldigte er sich und spielte hinunter dass es ihn eigentlich sehr verletzt hatte. "Weißt du... ich... mir tut es leid" Brachte sie schließlich heraus, dann wurde ihre Stimme ruhiger "Weißt du, ich bin im Moment einfach nicht in der Lage für so was. Ich habe noch nie etwas in der Art gefühlt, für niemanden. Ich bin einfach nicht bereit dafür. Bei mir sieht es zur Zeit nicht grad Rosig aus, ich hab echt Probleme zu Hause und auch andere Sorgen, die ich zu bewältigen habe!" Sie schüttelte hastig den Kopf "Es tut mir leid, Jonas" Dann rannte sie davon und er hätte schwören können, dass er zuletzt eine Träne gesehen hatte. Irritiert und verletzt machte er sich auf seinen Nachhauseweg. Als sie das Ende der Straße erreichte, gab es einen lauten Knall, sie blieb wie gebannt stehen. Ein Lastwagen war direkt in ein Auto hineingefahren. Im Auto saß eine junge Frau am Steuer, man konnte das viele Blut, dass über ihrem Gesicht verteilt war, bis hierher sehen. Zwei Männer stiegen aus dem Lastwagen und rannten zu dem Auto. Mittlerweile hatten sich viele Schaulustige auf der Straße versammelt. Einige von ihnen hielten Handys an den Ohren, vermutlich um den Notruf und die Polizei zu verständigen. Als die beiden Männer die Frau aus dem Wagen geholt und sie langsam auf der Straße niedergelegt hatten, schienen Lunitas Augen ihr einen Streich zu spielen. Denn sie sah diese Frau für einen kurzen Moment klar und deutlich leuchten. Sie blinzelte ein paar Mal um sicher zu gehen, dass dies wirklich nur ein Streich ihrer Augen war. Sie fühlte sich plötzlich wieder so Müde und bemerkte den Schwindel der in ihr aufstieg, sie drehte sich von dem Unfall weg und machte sich schnell auf den Weg. Sie wollte jetzt nichts lieber, als sich zu Hause in ihr Bett zu legen. Sie schloss die Haustür auf und da überkam sie das erste Grauen, dieser Justin saß am Wohnzimmertisch zusammen mit ihrer Schwester Melanie, die beiden schienen irgendetwas zu spielen und hatten sie gar nicht bemerkt. Ganz leise schlich sie vorbei und nach Oben in ihr Zimmer. Ihr war so übel und schwindelig zu gleich, dass sie sich nur schnell den Mantel auszog und sich dann mit Schuhe aufs Bett fallen lies. Wenige Sekunden später fiel sie erneut in einen tiefen Schlaf. Lunita erwachte erst wieder am Abend und das nicht ohne Grund. Sie hatte von der Frau geträumt, die heute bei dem Unfall so schwer verletzt wurde. Sie hatte diese Frau in einem Spiegel gesehen, ganz weiß. Und diese Frau schien sie durch den Spiegel hindurch anzulächeln. Das versetzte ihr so einen großen Schock, dass sie aufwachte. Da erinnerte sie sich plötzlich wieder an den Morgen, diese Halluzination, die eigentlich gar keine war. Und dann erinnerte sie sich wieder an Johns Worte "Du wirst von nun an Geister wahrnehmen und die Menschen die sterben werden erkennen, bevor ihr Tot eintritt." Aber konnte das tatsächlich sein? Sie war total durcheinander, sie musste zu ihm! Sie rannte nach unten, an dem großen runden Essenstisch saß ihre Mutter zusammen mit Justin und Melanie. Ihre Mutter stand direkt auf, als sie Lunita sah. "Du bist endlich aufgewacht? Die Schule hat mich auf der Arbeit angerufen, geht es dir gut?" Komischerweise schien sie tatsächlich besorgt. Sie war gerade dabei einige Schritte auf Lunita zu zugehen, aber diese winkte nur schnell ab. "Ja, aber ich muss noch mal los, bis später" Sie eilte zur Tür "Aber Lu, warte doch! Du brauchst deinen Mantel, draußen ist es kalt und schneit!" Aber das hörte sie schon gar nicht mehr.

 

Sie rannte so schnell sie nur konnte, an der Kreuzung stieß sie mit voller wucht mit Jemandem zusammen, beide fielen zu Boden. Der Junge stand zuerst auf und reichte ihr die Hand, da erkannte sie, dass es Jonas war und auch er zuckte zusammen als er Lunita sah. "Was ist los? Du trägst ja gar keinen Mantel!" Sie griff nach seiner Hand und lies sich hoch helfen, die Zeit sich den Schnee von den Seidenstrümpfen und dem kurzen Rock zu klopfen, nahm sie sich nicht mehr. Dass sie keinen Mantel trug, trotz der eisigen Kälte und des vielen Schnees der vom Himmel fiel, bemerkte sie erst jetzt, aber es war zu spät um noch einmal zurück zu kehren. Sie wischte sich schnell über ihr Gesicht und erst jetzt sah Jonas, dass sie wohl geweint haben musste. "Tut mir leid, ich hab es echt eilig!" Und dann rannte sie auch schon weiter. Jonas wurde neugierig, wo wollte sie wohl um diese Uhrzeit noch hin, wieso hatte sie es so eilig und wieso trug sie keinen Mantel. Außerdem kam auch noch die Frage, wieso sie wohl geweint hatte. Er hoffte, dass er nicht der Grund dafür war. Heimlich folgte er ihr.

 

Nach endlosen Abzweigungen in kleine Gassen, kam sie an einer Kneipe vorbei. Sie erinnerte sich an dieses Viertel, davor hatte man die Schüler im vergangenen Jahr gewarnt. Ihre angst schluckte sie hinunter und rannte weiter, bis sie zu dem Tor kam. Es war ein hohes Eisentor, welches man nie abschloss. Dahinter war alles dunkel und schien verlassen. Auf dem kleinen Schild neben dem Tor stand

 

Alter Friedhof Em...

 

Der Rest war abgekratzt, sie öffnete das Tor, welches laut in die Stille hinein quietschte. Das müsste mal wieder geölt werden, dachte sie und trat vorsichtig ein. Es war stockdunkel, überall standen Bäume, deren nackte Äste voll bedeckt mit Schnee waren. Sie zuckte zusammen als eine Fledermaus knapp an ihr vorbei sauste. Sie hatte plötzlich große angst, dennoch schritt sie nach vorne. Der Friedhof war in viele Gänge unterteilt, einer unheimlicher wie der andere. Lunita schaute in alle Richtungen während sie durch die dunklen Gänge irrte. "John?" Sie schrie seinen Namen laut in die Nacht. "John, sind sie hier?" Sie hörte das Knacken eines Astes und erschrak. "Joooohn?" "Du hast gerufen?" Blitzartig drehte sie sich um und da sah sie ihn. Er war wie aus dem Nichts aufgetaucht. Er saß grinsend auf einem Grabstein, mit einem Glas Wein in der Hand. Jonas sah nicht wie plötzlich John aufgetaucht war. Er kam erst etwas später an. Er hatte die ganze Zeit nur Lunitas Schreie gehört. Er erinnerte sich an den Morgen und das Gespräch mit Mira. Und er wusste, dass es sich um den jungen Mann handeln musste, der ihr am Vortag das Amulett geschenkt hatte. Er ging leise etwas näher und sah wie Lunita erleichtert ausatmete, als sie John fand. Er saß da, so cool als sei es für ihn nichts Ungewöhnliches nachts auf einem Grabstein Wein zu trinken. Sie hat ja so viele Probleme dachte er ironisch, während er sich verletzt umdrehte und leise den Friedhof verließ.

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